Antrag: 80 Jahre nach der Befreiung

Panzer und andere Militärfahrzeuge fahren entlang einer Baumallee über eine Straße, Schwarzweißfotografie

Am 1. März 1945 hätte sich gegen 14:00 Uhr eigentlich niemand mehr in Bracht aufhalten dürfen. Wehrmacht und Volkssturm hatten sich schon tags zuvor in Richtung Rhein abgesetzt, zuletzt war die Feuerwehr nach Krefeld geflohen. Und doch wehten der 9. US-Armee weiße Fahnen und Tücher aus Fenstern und Dachluken entgegen. Noch unerwarteter: Hunderte Menschen begrüßten die Soldaten voller Freude darüber, vom Joch der nationalsozialistischen Tyrannei befreit zu werden. Die Jubelnden müssen größtenteils Niederländer aus Beesel und Reuver gewesen sein, die als Nicht-Volksdeutsche Tage zuvor von der deutschen Wehrmacht aus ihren Dörfern in Richtung Bahnhof Kaldenkirchen vertrieben wurden. Die weißen Fahnen indes hatten Brachter Bürger herausgehängt, die sich seit November 1944 gegen den Befehl der Nazis in Keller, Scheunen und Luftschutzbunkern versteckt gehalten hatten. Zwei Stunden vor dem Einzug der ‚Tanks‘ war bereits Brüggen widerstandslos besetzt worden. Beide Orte blieben von Beschuss und Zerstörung verschont.

Am 1. März 2025 jährt sich zum achtzigsten Mal das Ende der nationalsozialistischen Diktatur für die Menschen in der heutigen Burggemeinde. In einem Antrag an den Gemeinderat wünscht die Wir-Fraktion, dass dieses Jubiläum gebührend groß begangen wird.

Noch vor wenigen Wochen schien es so, als könne man völkisches Gedankengut heute zwischen den Buchdeckeln der Geschichtsbücher vergessen. Die jüngsten Ereignisse in Deutschland zeigen jedoch, dass Wachsamkeit und Erinnerungsbewusstsein ein dauerhaftes Gebot bleiben.

Die Jubiläumsfeier soll gemeinsam mit den heutigen Freunden aus Reuver und Beesel begangen werden. Zu Ausgestaltung der Feierlichkeiten – der 1. März 2025 ist ein Samstag – regt die Wählergemeinschaft Wir für Brüggen an, eine Gruppe interessierter Bürgerinnen und Bürger mit den Vorbereitungen zu einer Jubiläumsfeier zu betrauen. Die Gemeindeverwaltung soll die Gruppe begleiten und wenn nötig organisatorische und logistische Hilfestellung anbieten. Ein angemessenes Budget soll im Haushalt 2025 zur Verfügung gestellt werden.

Der Original-Antrag kann hier als PDF-File abgerufen werden.

2 Kommentare

  • Mit Verwunderung lese ich ihren Antrag zu einer „Jubiläumsfeier“.
    Das Feiern und Jubilieren über das Ende des 2. Weltkrieges sollten wir anderen überlassen. Es ist ein Tag, der eine Massenvernichtungsmaschinerie beendet hat und die wenigsten Deutschen haben gejubelt. Oder wird hier gerade Geschichtsverdrehung geschrieben. Stichwort Täter/Opferrolle.
    Außerdem fehlen mir einige Informationen.
    Wieviele Menschen sind aus Bracht (zwangs)evakuiert worden? Evakuierung doch auch deshalb um ihr Leben zu retten – was man den Zwangsarbeitern nicht zugestand.
    Wer ist aus v.a. welchem Grund vor Ort geblieben?
    Eine tiefere politische Grundhaltung, sogar Freude auf Befreiung kann ich beim Schwenken von weißen Fahnen nicht erkennen. Hier ging es doch wahrscheinlich nur ums Überleben -egal wie.
    Natürlich gab es auch Deutsche, die das Ende des Krieges herbeigesehnt haben, aber meine Bitte wäre, alles im geschichtlichen Rahmen lassen.

    • Sehr geehrte Frau M.,

      vielen Dank für Ihren Kommentar.

      Aus heutiger Sicht – und wir begehen das Jubiläum ja heute – war der Einmarsch der Alliierten sowohl das Ende des Krieges, als auch das Ende der Diktatur mit ihrem völkisch-faschistischen Fundament. In unserem Antrag beziehen wir uns ausschließlich auf das Ende der Diktatur und wir tun das aus heutiger Sicht.

      Am 1. März 1945 haben das viele Menschen nach zwölf Jahren Gehirnwäsche und Propaganda anders gesehen. Fest steht sicher, dass sich die Menschen damals nicht vorstellen konnten, was Redefreiheit bedeutet oder Pressefreiheit. Wie froh können wir sein, dass das damals so geschah und wir heute nicht etwa jeden Morgen dem GröFaZ mit einem Appell unterm Hakenkreuz huldigen müssen?! Für uns ist das definitiv ein Grund, den Tag gebührend und gemeinsam mit unseren niederländischen Nachbarn und Freunden zu begehen! In den Niederlanden wird der Bevrijdingsdag übrigens schon seit Jahrzehnten gefeiert.

      Zu Ihren Fragen:
      Wieviele Menschen sind aus Bracht (zwangs)evakuiert worden?
      Eigentlich alle, ich meine Hermann Hauser schätzt in seinem Bericht im Heimatbuch von 1962, dass zwischen 50 und 100 Menschen heimlich im Ort blieben.

      Wer ist aus v.a. welchem Grund vor Ort geblieben?
      Soldaten (Wehrmacht), Zwangsarbeiter/innen zum Ausheben von Panzergräben, der Bürgermeister und eine ‚Rumpfverwaltung‘, Männer und Jugendliche des ‚Volkssturms‘ sowie Pfarrer Muisers, der verbotenerweise noch Gottesdienste abhielt.

      Mit freundlichen Grüßen
      René Bongartz

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